Die Qual mit der Wahl zur weiterführenden Schule

Bei meiner großen Tochter ist es dieses Jahr soweit.

Der Übertritt an die weiterführende Schule steht an und somit beginnt für sie und auch für uns ein neuer Lebensabschnitt.

Zunächst muss aber erst einmal geklärt werden, auf welche Schule sie in Zukunft gehen wird.

In einigen Bundesländer bleiben die Grundschüler bis zur sechsten Klasse zusammen und danach erfolgt erst der Übertritt.

Bei uns ist es nach der vierten Klasse soweit.

Auch das ist meiner Meinung nach ein weiterer Punkt, bei dem unser Schulsystem versagt.

Ich kann nicht bereits jetzt, in der Mitte der vierten Klasse Grundschule sagen, welche weiterführende Schule am besten für mein Kind ist.

Ich weiß nicht, ob ihr Sprachen besonders liegen. Bisher hat sie in der Grundschule lediglich spielerisches Englisch gehabt. Hieraus einen Rückschluss zu ziehen, dass sie deswegen jetzt sprachlich begabt sei, weil es ihr immer Spaß gemacht hat, wäre meines Erachtens fatal. Man kann den Englischunterricht, den sie jetzt in der Grundschule hat, wohl kaum mit dem Englischunterricht der weiterführenden Schule vergleichen.

Mehrere Interessen

Vor diesem Problem stehen wir nicht nur mit dem Thema Sprachen.

Meine Tochter hat begeistert einen Roboter selbst zusammengebaut und programmiert. Auch eine Alarmanlage hat sie in ihrer Freizeit bereits gebastelt, damit ihre kleine Schwester nicht heimlich in ihr Zimmer kommt. Aber ist sie deswegen nun naturwissenschaftlich oder technisch begabt?

Sie macht leidenschaftlich gerne Sport. Besonders ihren Hobby Taekwondo ist sie sehr zugetan. Aber heißt das nun im Umkehrschluß auch, dass sie sportlich begabt ist und eine Schule mit einer Sportklasse für sie das Richtige wäre? 

Außerdem spielt meine Tochter ein Instrument. Vielleicht wäre ja auch ein musischer Schulzweig für sie die richtige Entscheidung?

Du siehst, ich fühle mich mit dieser Entscheidung überfordert.

Das Übertrittszeugnis

Anfang Mai erhalten wir das sogenannte Übertrittszeugnis. Mit diesem Zeugnis kann man sich dann bei der jeweiligen weiterführenden Schule anmelden.

Im Februar haben wir eine Zwischeninformation bekommen. Nun könnte man ja sagen, wir gehen einfach nach den Noten. Hier ist sie tatsächlich sehr gut und somit kann meine Tochter auf jede Art von weiterführender Schule gehen. Somit hilft mir das bei der Entscheidungsfindung nicht sonderlich weiter.

Die Lehrermeinung

Die Grundschullehrer raten im Allgemeinen von der Wahl zum Gymnasium ab. Mittlerweile wird schon hinter vorgehaltener Hand gemunkelt, dass es hier eine Quote gäbe, damit nicht zu viele Schüler auf das Gymnasium gehen, da in Deutschland ja Fachkräftemangel herrscht. Ob das stimmt weiß ich nicht.

Interessant war aber für mich, dass die Gymnasiallehrer hier ganz anders sprechen. Sie meinen, man solle es auf jeden Fall seinem Kind zutrauen. Gerade in der fünften Klasse würden die Schüler oft einen enormen Entwicklungsschritt machen und sich auf dem Gymnasium gut einleben.

Andere Eltern

Die Meinung von anderen Eltern ist auch immer ein schwieriges Thema. Natürlich wollen alle Eltern für ihre Kinder nur das Beste. Ich habe mit Eltern gesprochen, deren Kinder auf das Gymnasium gegangen sind und die später dann wechseln mussten. Im Nachhinein haben sie festgestellt, dass auf einer Realschule ebenso gelernt werden muss. 

Ich glaube, dass sollte allen Eltern mittlerweile klar sein, dass egal auf welche Schule das Kind geht: Es muss immer gelernt werden.

Das durchlässige Bildungssystem 

Meine große Tochter sagt bereits seit einigen Jahren, dass sie einmal Lehrerin werden möchte. 

Für diesen Berufswunsch benötigt sie allerdings das Abitur und ein Studium. Wenn wir aus diesem Grund die Schule auswählen, käme nur die Form des Gymnasiums in Frage. 

Natürlich kann man das Abitur auch auf dem zweiten Bildungsweg machen und auch ein Studium noch dran hängen. 

Aber ist es nicht einfacher es dann direkt auf dem ersten Weg zu machen? 

In den Vorträgen die ich besucht habe, wird immer wieder darauf hingewiesen, dass wir in Deutschland ja das durchlässige Bildungssystem haben. Somit hat jeder jederzeit die Möglichkeit noch einen weiteren Bildungsweg im Anschluss zu machen.

Das mag ja stimmen. Unterhält man sich aber mit Menschen die diesen Weg gegangen sind, sagen viele, ihnen wäre es auf dem ersten Bildungsweg lieber gewesen. 

Viele beschreiben diesen Weg als sehr anstrengend und es ist vielen sehr schwer gefallen diesen Weg durchzuhalten.

Nun weiß ich nicht, ob der Berufswunsch meiner Tochter bleibt. Nicht selten verändert der Wunsch sich noch einmal oder sogar noch öfters.

Ist dies deswegen jetzt aktuell der richtige Weg für sie?

Misserfolge

Einige Lehrer haben erzählt, dass es für das Selbstbewusstsein der Kinder sehr schlecht wäre, würde man sie zu sehr fordern, was die weitere schulische Laufbahn angeht.

Müssten sie die Schule auf Grund von Misserfolgen und schlechten Noten wechseln, würde das sehr an ihrem Selbstbewusstsein nagen. 

Aber sollte man es dann aus diesem Grund gar nicht erst versuchen?

Ich habe mit einer Freundin gesprochen, die es heute noch ihren Eltern vorwirft, dass sie sie nicht aufs Gymnasium gelassen haben, obwohl sie den Notendurchschnitt gehabt hätte.

Sie ist sich sicher, dass ihr Leben einfacher verlaufen wäre. Sie hat es nicht geschafft, das Abitur auf dem zweiten Bildungsweg nachzuholen, da sie für ihren Lebensunterhalt sorgen musste. 

Möchte ich mir irgendwann von meinem Kind den Vorwurf anhören, dass sie den Notendurchschnitt gehabt hätte und ich sie nicht gelassen habe, damit sie noch länger Kind bleiben kann?

Die verschiedenen Zweige

Aber selbst wenn wir sagen, wir versuchen es und schicken sie auf ein Gymnasium oder eine Realschule, ist hier immer noch die Frage, auf welchen Zweig. Naturwissenschaftlich, technisch, musisch, sprachlich oder sportlich?

Die Auswahl ist hier enorm. 

Jetzt gibt es einige Meinungen, die sagen: Man kann ja dann immer noch den Zweig wechseln.

Das mag stimmen, aber auch dies ist wieder mit einem Wechsel, einer Umstellung und Anstrengung verbunden.

Deswegen macht es aus meinen Augen Sinn, bereits im Vorfeld, wenn möglich den richtigen Zweig auszuwählen.

Was will mein Kind?

Wenn ich meine Tochter frage, auf welche Schule sie gehen möchte, antwortet sie mir ganz klar: aufs Gymnasium.

Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob sie wirklich verstanden hat, was das bedeutet. 

Hier hat sie in der Schule einfach gehört, dass es der angeblich beste Schulweg wäre.

Wir haben uns lange hingesetzt und mit ihr darüber gesprochen, welche Bildungswege es gibt und was im konkreten Fall für sie bedeuten würde.

Dabei ist uns durchaus bewusst, dass sie die Tragweite nicht verstehen kann. Aber zumindest hat sie verstanden, dass auch andere Schulformen nicht schlechter oder besser sind, sondern dass die jeweilige Schulform für einen persönlich passen muss.

Da hilft nur Eines: Anschauen!

Da unsere vielen Fragen nicht weniger geworden sind, je mehr wir uns mit dem Thema beschäftigt haben, sondern im Gegenteil: es haben sich immer mehr Fragen aufgetan, haben wir beschlossen, uns alle möglichen Schulen anzusehen.

Fast jede Schule bietet zwei Termine an, einen Vortragstermin und einen Tag der offenen Tür. Einige haben auch nur einen Termin.

Was das für uns bedeutet? 

Einen wahnsinnigen Schulbesichtigungsmarathon!

Natürlich sind alle diese Termine im März. (Es könnte ja sonst langweilig werden)

Das Kind muss mit

Ich rate dir unbedingt dein Kind mitzunehmen, wenn ihr euch eine Schule anseht.

Manchmal wird man zwar etwas komisch angeschaut, wenn man zu einer Schulbesichtigung unter der Woche um 19 Uhr kommt und ein Kind dabei hat.

Dennoch denke ich, dass es wichtig ist, dass das Kind auch seine zukünftige Schule vorher besichtigt.

Meine Tochter hatte von Beginn an eine ganz bestimmte Schule zum Favoriten auserkoren. Nachdem wir dort waren und einen zugegeben ziemlich langweiligen Vortrag angehört haben (durchweg alle Lehrer, die dort gesprochen haben, waren langweilig), hat sie selbst recht zügig beschlossen, dass sie nicht auf diese Schule gehen möchte. 

Besagte Schule hat stark mit den Leistungen geprahlt und gleich erzählt, was sie von ihren zukünftigen Schülern erwartet. Hier ist sogar mir, als Mama, schon ganz anders geworden. Man konnte den Druck bereits im Vorfeld deutlich spüren.

Interessant war für mich, dass die ganzen Dinge, mit denen diese Schule im Internet auf ihrer Homepage Werbung macht, sehr verschönigt dargestellt waren und in der Realität nicht oder nur zum Teil zu treffen. 

Auf das Bauchgefühl hören

Was wir jetzt machen werden?

Ganz ehrlich: Ich weiß es noch nicht.

Wir werden weiterhin noch einige Schulen ansehen und beobachten, wie sich unsere Tochter dort wohlfühlt, wie die Lehrer auf sie zugehen und mit ihr sprechen.

Noch sind sehr viele Fragen bei uns offen.

Am Ende werden wir auf unser Bauchgefühl hören und die Entscheidung treffen.

Vielleicht hast du selbst ja schon diese Qual hinter dir und kannst uns einen Rat geben?

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